Frauenemanzipation

A: taḥrir al-mar’a. – E: women’s emancipation. – F: émancipation des femmes. – R: ženskaja emansipacija. – S: emancipación femenina. – C: funü jiefang

Gisela Heinrich

HKWM 4, 1999, Spalten 859-866

Der Begriff F kann als Knotenpunkt verschiedener Problematiken begriffen werden: er reflektiert die historische Herausbildung eines Subjektes, das eigenes Befreiungsverlangen artikuliert – Frauen; er verweist auf einen Mangel im Emanzipationsbegriff, soweit dieser als allgemein-menschlicher formuliert war; entsprechend wird er zum Kampfplatz für die Auseinandersetzung zwischen einer Theorie und einer Bewegung, die Emanzipation einseitig an den Klassenkampf band, und der sich entwickelnden Frauenbewegung, ihrer Theorie und Praxis.

Bei Marx und Engels gibt es gelegentliche Verweise auf Fouriers These: »Der Grad der weiblichen Emanzipation ist das natürliche Maß an allgemeiner Emanzipation.« (…) Weiterreichende Überlegungen zur Emanzipation von Teilen der Bevölkerung finden sich in Marx’ Auseinandersetzung mit der ›Judenfrage‹ (1843) und in frühen Aufzeichnungen zur Unterdrückung der Arbeiter (Ms 44). […]

Dass der Begriff Emanzipation politisch nicht mehr rebellisch klang, dass er in den pädagogischen Diskussionen um »emanzipatorische Erziehung« ganz aus der Bedeutung politischer Befreiungskämpfe herausgelöst und ins Individuelle verschoben wurde, dass die individualisierte Bedeutung in die Alltagssprache eingegangen ist, wenn etwa von einer »emanzipierten Frau« gesprochen wird, dürfte dazu beigetragen haben, dass der Begriff F in der Frauenbewegung nicht mehr brauchbar erschien. Frauenbefreiung stellt Feministinnen vor die Aufgabe, in allen gesellschaftlichen Bereichen zu kämpfen, d.h., die gesamte Gesellschaft zu revolutionieren. Was Marx mit »menschlicher Emanzipation« umriss, kehrt hier wieder als Befreiung.

Mit dem Einspruch insbesondere farbiger Frauen, ein allgemeines Frauensubjekt für Befreiungskämpfe zu unterstellen, mit der Kritik an der Frauenbewegung und ihren Artikulationen als mittelständisch, weiß, zuweilen als eurozentrisch, trat der Begriff der Differenz an die Stelle von F und von Frauenbefreiung. Er breitete sich vorwiegend im akademischen Feminismus schnell aus, desartikulierte schließlich alle Versuche, ein kollektives Subjekt (Frauen), das zum politischen Kampf aufrief, auch nur zu denken. Das Recht auf »Partialinteressen« wird eingeklagt und soll aus dem Zugriff von Universalstrategien herausgelöst werden. Damit scheint die Zuständigkeit von Frauen für umfassende menschliche Emanzipation aufgegeben.

antiautoritäre Bewegung, Arbeiterbewegung, Befreiung, Egalitarismus, Emanzipation, Fabrik, Familie, Familienarbeit/Hausarbeit, Frauenarbeit, Frauenbewegung, Frauenfrage, Geschlechterverhältnisse, Gleichheit, Herrschaft, Marxismus-Feminismus, Materialismus (neuer feministischer), Proletariat, Universalismus

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