feministische Theologie
A: lāhūt nisawī. – E: feminist theology. – F: théologie féministe. – R: feministskaya teologija. – S: teología feminista. – C: nüxinzhuyi shenxue
Angela Bauer, Brigitte Kahl, Dorothee Sölle
HKWM 4, 1999, Spalten 324-331
FT umfasst ein breites Spektrum unterschiedlicher, zum Teil gegensätzlicher Denkbewegungen in verschiedenen Religionen und Regionen der Welt. Traditionelle Gottesbilder, religiöse Diskurse und Institutionen, Frömmigkeits- und Praxisformen werden in Frage gestellt, wo sie das gleichberechtigte Menschsein von Frauen negieren und unterdrücken. Christliche fT im engeren Sinne, die sich in Europa und den USA im Kontext der Frauenbewegungen des 19./20. Jh. entwickelt hat, lässt sich in zwei Grundrichtungen unterteilen: Der eine Zweig hat – angestoßen u.a. durch Mary Daly (1973) – Christentum und Kirchen als hoffnungslos frauenfeindlich hinter sich gelassen und versucht, weiblich-theologische Traditionen nachbiblisch/postchristlich zu rekonstituieren, u.a. in der Rückbesinnung auf Göttinnen und Hexen (Goddess Movement; wicca) oder in der Mythen- und Matriarchatsforschung (Carol Christ, Heide Göttner-Abendroth, Starhawk). Die andere Strömung bemüht sich, innerhalb der jüdischen und christlichen Traditionen befreiende Elemente aufzuzeigen oder wiederzuentdecken und theologie-/ideologiekritisch gegenüber der herrschenden androzentrischen Kirchenlehre und -praxis zur Geltung zu bringen (Bernadette Brooten, Catharina Halkes, Carter Heyward, Elisabeth Moltmann-Wendel, Judith Plaskow, Rosemary Radford Ruether, Letty Russel, Luise Schottroff, Elisabeth Schüssler Fiorenza, Dorothee Sölle, Phyllis Trible). Weitere Ansätze entziehen sich eindeutigen Festlegungen.
Während in herkömmlicher theologischer Rede vom Menschen in der Regel männliche Dominanz verschleiert und zugleich festgeschrieben wird, nimmt feministisch-theologisches Nachdenken seinen Ausgangspunkt bewusst bei den Unterdrückungserfahrungen wie den Überlebens- und Befreiungskämpfen von Frauen. Die Götzenkritik der alttestamentlichen Prophetie wird re-artikuliert und gegen die ›Vergötterung‹ von Männlichkeit in maskulin-machtorientierten Gottesbildern gewendet. Jenseits der patriarchalen Idolatrie von Gott-Vater und Herr-Gott wird Gott neu begriffen als mitleidend, als Mutter, als Gott-in-Beziehung, als Weisheit/Sophia, als Gott der Schwachen und der Gerechtigkeit, als Heiliger Geist der Befreiung und Transformation.
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