Christlicher Sozialismus
A: al-ishtirākīya al-masīḥīya. – E: Christian socialism. – F: Socialisme chrétien. – R: Christianskij socializm. – S: Socialismo cristiano. – C: Jidu jiao de shehui zhuyi 基督教的社会主叉
Klaus Kreppel
HKWM 2, 1995, Spalten 495-501
Grundlegend für die katholischen Zugänge zum Sozialismus im deutschen Sprachraum war der Priester Wilhelm Hohoff (1848-1923), der als erster Katholik den weltanschaulichen vom wissenschaftlichen Marxismus zu trennen versuchte. Hohoff (1908) unterschied zwischen »Kritik am Kapitalismus«, welche er als wissenschaftliche Methode einer »ökonomischen Geschichtstheorie« zuordnete, und materialistischer Weltanschauung außerwissenschaftlichen, irrationalen Ursprungs (»Köhlerglauben«). Hohoff rezipierte die marxsche Werttheorie und setzte sie »wesensgleich« mit der aristotelischen und thomistischen Wertlehre von der ausschließlichen Fruchtbarkeit der Arbeit. Hieraus zog er den Schluß, daß der Mehrwert allein der Arbeit gebühre. Zur Realisierung dieses Anspruchs rechtfertigte Hohoff den Klassenkampf als »sittlichen Notwehrakt« des Proletariats. Er ebnete den mühsamen Weg ökonomischer Marx-Rezeption im deutschsprachigen Katholizismus, die in A. Orels »Oeconomia Perennis« (1930) gipfelte und politischen Einfluß auf den von Karl v.Vogelsang gegründeten »Wiener Kreis« katholischer Sozialisten nahm. […]
Der evangelische Religiöse Sozialismus beruht in seiner Motivation durchaus ähnlich der katholischen Betrachtungsweise auf sittlicher Entrüstung und orientiert sich an der teleologischen Hoffnung, daß das, was recht ist, auch recht behalten und siegen muß und daß dieser Glaube aller positivistischen Wissenschaft überlegen ist (Leonhard Ragaz, 1868-1945). Protestantische Ausführungen zum Sozialismus sind aber in erster Linie Bestandteile der systematischen Theologie bzw. der Dogmatik, nämlich eine Reich-Gottes-Theologie und der Methode nach deduktiv von der eschatologischen Seite aus für die konkrete geschichtliche Situation entworfen. […] Nach 1945 lebt der Religiöse Sozialismus in der »Arbeitsgemeinschaft für Christentum und Sozialismus« weiter.
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