Form
A: šakl. – E: form. – F: forme. – R: forma. – S: forma. – C: xingshi
Wolfgang Fritz Haug
HKWM 4, 1999, Spalten 588-615
F‹ ist traditionell einer der »wichtigsten Ausdrücke und Termini« der philosophischen »Sprache« (Wiehl 1973). In ihm dehnt die abendländische Metaphysik ein handwerkliches Produktionsparadigma zum allgemeinen Denkschema aus: Die F wird als unhistorische Trägerin und Prägerin des Wesens der Dinge dem Stoff als wesenloser Materie derselben entgegengesetzt. Die Weisen, in denen das F-Materie-Verhältnis gedacht wird, unterscheidet die philosophischen Strömungen. – Vorbereitet durch Kant, der F im Sinne von Anschauungs- und Denkform zum Schlüsselbegriff der transzendentalen Wendung der Philosophie macht, erhält ›F‹ bei Marx eine völlig neue Bedeutung im Zuge der Historisierung des Gesellschaftlichen, die durch die gesellschaftliche Erschließung des Historischen ermöglicht worden ist. In nichtevolutionistischer Weise dient der Begriff ›Formbestimmtheit‹ (FB) dazu, Gesellschaftsformationen analytisch voneinander zu unterscheiden. Der Name der bisher für unveränderlich-ewig gehaltenen F.en bezeichnet nun die historische Spezifik im Unterschied zu allgemeinhistorischen Funktionen. In der Analyse der F.en, in denen gesellschaftliches Leben sich wie selbstverständlich bewegt, rollt Marx die Ordnung der bürgerlichen Welt in ihrer Diskursivität von diesem Selbstverständlichen her auf, indem er den Blick auf die verfügende Anordnung, das Dispositiv des Ganzen der Gesellschaft, richtet. – Daneben gebraucht Marx jedoch auch einen gleichsam ›stofflichen‹ Formbegriff, synonym mit Gestalt (etwa der Gebrauchsgestalt des Arbeitsprodukts), auch im morphologischen Sinn, was zu Verwirrungen Anlass geboten hat.
Marx führt eine ganze Reihe von Formbegriffen in die Theoriesprache ein. Nachdem er das Wirklichkeitsmedium des »menschlichen Wesens« und das Substrat der menschlichen Entwicklung hinausverlagert hat ins »ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse« (ThF 6), fasst er die historisch disjunkten Konfigurationen dieser Verhältnisse mit dem Formbegriff. Vor allem zur unterscheidenden Analyse von Herrschaft erhält der Formbegriff seine Zuspitzung. Gleichsam als Antwort auf die philosophische Tradition, »F« als das über die Materie oder den Stoff Herrschende aufzufassen, wird Herrschaft als je bestimmte F analysiert.
➫ Aneignung, Ausbeutung, Basis, Bestimmung/ Determination Bewußtsein, Charaktermaske, Denkform, Dispositiv, Element/Elementarform, Empirismus, Ende der Geschichte, Epoche, Erscheinung/Erscheinungsform, Formalismus (russischer), Formationstheorie, formelle/reelle Subsumtion, Frauenformen, Funktion, Gleichgültigkeit, historische Individualitätsformen, Historisches/Logisches, Kritik, Kunstverhältnisse, Materie, Naturverhältnisse (gesellschaftliche), Neoricardianismus, Praxisformen, Relation, Ricardianismus, Stoffwechsel, Struktur, System, Wertform, Zelle/Zellenform