Fokustheorie

A: naẓarīyat al-bu’ra aṯ-ṯaurīya. – E: focus theory. – F: théorie du foyer révolutionnaire. – R: fokusnaja teorija. – S: teoría del foco revolucionario. – C: jiaodian lilun

Werner Mackenbach

HKWM 4, 1999, Spalten 565-569

Der Begriff ist verbunden mit dem Diskurs der lateinamerikanischen Guerilla seit der zweiten Hälfte der 1950er Jahre und vor allem seit dem Sieg der Kubanischen Revolution 1959. In seiner allgemeinsten Form bezeichnet der aus dem Spanischen übernommene Term (foco, von lat. focus – Brennpunkt, Fokus, Herd, Ausgangspunkt, Mittelpunkt) einen Guerillakern, der den bewaffneten Kampf gegen die reguläre Armee aufnimmt mit dem Ziel, das (diktatorische) Regime zu stürzen und die Macht zu übernehmen.

Ansätze zu einer F werden zum ersten Mal von Ernesto ›Che‹ Guevara in seinen Guerillaschriften entwickelt. Guevara zieht drei grundlegende Schlussfolgerungen: »1. Die Volkskräfte können einen Krieg gegen die Armee gewinnen. 2. Man muss nicht immer darauf warten, dass alle Bedingungen für die Revolution gegeben sind; der aufständische Fokus kann sie schaffen. 3. Im unterentwickelten Amerika muss der Schauplatz des Kampfes grundsätzlich das Land sein.« (Escritos 1) Von besonderer Bedeutung ist die politisch-propagandistische Arbeit unter den bäuerlichen Massen. Guevara sieht den Fokus als »die bewaffnete Avantgarde des Volkes« (…) und fordert, den Kampf als politisch-militärischen zu praktizieren. Aufgabe der Avantgarde sei es, »mit der Bevölkerung zu arbeiten, die revolutionären Ideen zu verbreiten und das politische Bewusstsein der Menschen zu heben, um zu erreichen, dass sie sich im gegebenen Moment mit Unterstützung der bewaffneten Kräfte zum Kampf erheben und der Revolution zum Sieg verhelfen« (…). Ausgehend von den vietnamesischen Erfahrungen sieht Guevara schließlich drei Etappen, die dieser Kampf notwendig durchlaufen müsse: einsetzend mit den Guerillaherden, deren quantitative Entwicklung zu einem qualitativen Sprung, das heißt zum Bewegungskrieg führe und schließlich nach einer weiteren Phase sogar in den Stellungskrieg übergehen könne (vgl. 1968). Der Guerillafokus wird also als ein Aspekt, ein taktisches Moment, als Ausgangspunkt bzw. Impuls in einem weiter verstandenen Konzept von Guerilla bzw. Volkskrieg gesehen.

Aufstand, Avantgarde, Bauernbewegung, Befreiung, Berufsrevolutionär, Fanonismus, Fidelismus, friedliche Koexistenz, Guerilla, Guevarismus, Hegemonie, Konterrevolution, Kubanische Revolution, neuer Mensch, Parteien, Revolution, revolutionäres Subjekt, Sandinismus, Sprung, Stadt/Land, Stadtguerilla, Stellungskrieg, Strategie/Taktik, Terrorismus, Trikontinent, Vietnam-Krieg, Volkskrieg, Voluntarismus, Zapatismus

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