Befreiung
A: taḥrlr, taḥarrur. – E: liberation. – F: libération. – R: osvoboždenie. – S: liberación. – C: jiefang
Peter Penner
HKWM 2, 1995, Spalten 136-144
Am Ende seiner Einleitung Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie handelt Marx von B. »Die einzig praktisch mögliche B Deutschlands ist die B auf dem Standpunkt der Theorie, welche den Menschen für das höchste Wesen des Menschen erklärt.« (…) Diese Theorie von B beinhaltet einen »kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist« (…). Ethisch kann sie deshalb genannt werden, weil sie ihre regionale Strategie von B in einer universalen Perspektive begründet, gemäß der noch die Theorie »zur materiellen Gewalt [wird], sobald sie die Massen ergreift«.
›B‹ und ›Emanzipation‹ werden von Marx durchweg als Synonyme gebraucht, weshalb ›B‹ auch gesondert als Stichwort im Register der Marx-Ausgaben nicht vorkommt. Der ethisch aufgeladene Terminus der Emanzipation (oder B) dient Marx zur Beschreibung des Horizonts der KrpÖ. »Stellen wir uns endlich, zur Abwechslung, einen Verein freier Menschen vor, die mit gemeinschaftlichen Produktionsmitteln arbeiten und ihre vielen individuellen Arbeitskräfte selbstbewußt als eine gesellschaftliche Arbeitskraft verausgaben.« (…) Das Konzept einer herrschaftsfreien weil klassenlosen Gesellschaft versteht Marx als Ausdruck des Selbstbewußtseins »einer Klasse mit radikalen Ketten, einer Klasse der bürgerlichen Gesellschaft, […] welche einen universellen Charakter durch ihre universellen Leiden besitzt […], welche mit einem Wort der völlige Verlust des Menschen ist, also nur durch die völlige Wiedergewinnung des Menschen sich selbst gewinnen kann.« (…) Die Überwindung der Unterdrückungsverhältnisse des bürgerlichen Nationalstaats in Richtung auf einen Internationalismus universaler Humanität hin wird nach Marx genau durch diejenige Klasse erwirkt, welche mit ihren Leiden den Gestehungspreis des Nationalstaats entrichtet hat: das Proletariat.
Die dialektische Position von der Selbst-B des Proletariats akzentuiert im Laufe ihrer langen Geschichte das subjektive Moment von B als Figur praktischer Autonomie gegen jede objektivierende Entwicklungslogik einer quasi automatisch B verheißenden Entfaltung der Produktivkräfte einerseits, gegen jede spontaneistische Reduktion der Bedeutung politischer Organisation andererseits.
Aus einer für das europäisch-nordamerikanische Zentrum des ›Weltsystems Kapitalismus‹ (Wallerstein) vergleichbar exotischen Perspektive wie der des Einwurfes der Vera Sassulitsch für Marx artikuliert seit Anfang der 1970er Jahre die Bewegung einer lateinamerikanischen ›Philosophie der B‹ ihren Diskurs als philosophische Theorie von B aus der Sicht der Peripherie des Weltsystems.
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