Imperium
A: al-ʼimbiraṭūrīya. – E: empire. – F: empire. – R: imperija. – S: imperio. – C: dìguó 帝国
Bob Jessop (TL)
HKWM 6/II, 2004, Spalten 865-873
Unter dem Titel Empire entwickeln Michael Hardt und Antonio Negri in ihrem 2000 erschienenen »Manifest« für das ›postimperialistische‹, ›postfordistische‹ und ›postmoderne‹ Zeitalter drei Hauptthesen zur Entwicklung der gegenwärtigen globalen Formation: 1. an die Stelle internationaler imperialistischer Rivalitäten ökonomischer, politischer und militärischer Art tritt eine supranationale Form republikanischer politischer Macht, die mit rechtlichen und militärisch-polizeilichen Methoden den Weltfrieden und den globalen Rechtszustand sichert; 2. an die Stelle der fordistischen Ökonomie tritt ein ›biopolitischer Postfordismus‹, der den general intellect zur Triebkraft der wirtschaftlichen Entwicklung macht; und 3. der Postmodernismus widerspiegelt die Pluralisierung der Identitäten und des Begehrens, indem er das Industrieproletariat als revolutionären Hauptakteur absetzt und die dispers-heterogene Masse unter dem Namen »Multitude« zur revolutionären Kraft macht.
Diese drei Themenkomplexe werden zu einer ›Großen Erzählung‹ verwoben, die die sozialistischen und kommunistischen Strategien aus der Epoche des Imperialismus mit ihrer Orientierung auf nationale Befreiungskämpfe und internationale Solidarität in Frage stellt. Der moderne historische Archetypus und das gegenwärtige Zentrum dieses aufkommenden I sind für Hardt und Negri die USA, die ihnen nicht mehr als eine imperialistische Macht wie andere, sondern als die führende Kraft bei der Herstellung einer ›postimperialistischen‹ Weltordnung gelten. Obwohl es oft heißt, Marx und Engels hätten keine Theorie der internationalen Beziehungen entwickelt (Maclean 1988), bauen wesentliche Aspekte von Hardt und Negris Empire auf deren Werken auf, wo sie sich z.T. treffender antizipiert finden.
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