abstrakt/konkret
A: mujarrad/malmūs. – E: abstract/concrete. – F: abstrait/concret. – R: abstraktnoe/konkretnoe. – S: abstracto/concreto. – C: chouxiang/juti
Veikko Pietilä
HKWM 1, 1994, Spalten 51-56
Das Begriffspaar hat eine verwickelte Geschichte. In der aristotelischen Tradition weist der von Boethius erstmals mit lat. abstractum (das Abgezogene) übersetzte Ausdruck τὰ ἐξ ἀφαιρέσεως »auf den künstlichen Charakter der Operation hin, durch welche die mathematischen Seienden konstituiert werden, und er betont in polemischer Absicht gegen den Platonismus deren ontologische Unselbständigkeit« (Aubenque 1971); der Gegenbegriff bezeichnet dann das Ganze (σύνολον), »das aus Materie und Form zusammengesetzt ist und allein die Fähigkeit besitzt, selbständig in der Natur zu existieren« (…). Unter platonischen Einflüssen bezeichnen die abstracta aber seit dem mittelalterlichen Nominalismus auch Allgemeinheiten im Sinne der ideellen, von der Materie getrennt existierenden Wesenheiten (separata), während das Konkrete auf Einzelnes, auf sinnlich wahrnehmbare Gegebenheiten verweist. – Hegel greift auf die ursprünglichen Bedeutungen zurück; für ihn bedeutet das Abstrakte etwas Einfaches, das Konkrete etwas Komplexes. Die Erkenntnis soll von einer abstrakt-einfachen Bestimmung ausgehen, um dialektisch bis zur konkreten Totalität als Zusammenfassung vieler Bestimmungen fortzuschreiten. – Im philosophiekritischen Diskurs Feuerbachs gewinnt das Abstrakte einen negativen Sinn als etwas vom Konkreten, dem sinnlichen Leben Losgerissenes, das als ein ihm gegenüber Selbständiges erscheint. »Abstrahieren heißt das Wesen der Natur außer die Natur, das Wesen des Menschen außer den Menschen, das Wesen des Denkens außer den Denkakt setzen.« (Vorl. Thesen z. Reform d. Phil., 1842) Der Philosophie Hegels wirft er folglich vor, »den Menschen sich selbst entfremdet [zu haben], indem ihr ganzes System auf diesen Abstraktionsakten beruht« (…). […]
Die Marxisten haben sich mit der Problematik meist unter dem methodologischen Gesichtspunkt beschäftigt. Vielfach sollte nachgewiesen werden, daß die Methode im Kapital tatsächlich die in der Einl 57 dargelegte des Aufsteigens vom Abstrakten zum Konkreten sei.
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