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Am 19. Juli 2014 starb unser Kurator Iring Fetscher, nach unserem Gründungskurator Peter von Oertzen einer der letzten bedeutenden der Sozialdemokratie nahestehenden Marxisten.

Fetschergeste

Iring Fetscher 1922-2014

Am 19. Juli 2014 verstarb unser Kurator Iring Fetscher, nach unserem Gründungskurator Peter von Oertzen einer der letzten bedeutenden der Sozialdemokratie nahestehenden Marxisten. Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges verstand er es als seine Aufgabe, >angesichts verbreiteter Unkenntnis und einseitig diffamierender Polemik […] die weitgehenden Unterschiede, ja Gegensätze zwischen der humanistischen Kritik des frühen Marx und der doktrinären Rechtfertigungslehre des stalinistischen Marxismus herauszuarbeiten< (>Reflexionen über meine geistige Entwicklung<, Einleitung zu seinem Buch Arbeit und Spiel, Stuttgart 1983, 11f). Dabei ging es ihm um den Nachweis, >dass Stalins Anti-Hegelianismus den faktischen konservativen Hegelianismus seiner Staatsdoktrin nur verschleiert und dass im Grunde nicht Hegel, sondern der kritische frühe Marx als ^Feind^^ angesehen und tabuisiert< wurde (12). Als >tiefsten Eindruck< seiner pariser Studienzeit beschreibt Iring Fetscher die Begegnung mit Alexandre Kojève, den er >zu den seltenen überzeugten Hegelianern unseres [20.] Jahrhunderts< rechnet, >die zugleich überzeugte Marxisten waren< (11). Kojèves Kommentar zur Phänomenologie des Geistes hat er ins Deutsche übersetzt (1958). Über Dresden, von wo seine Mutter 1948 in den Westen übersiedelte, war Fetscher selbst schon früh >an zahlreiche marxistische Publikationen gekommen und [hatte] Arbeiten von Marx, Engels, Plechanow, Georg Lukács und Ernst Bloch, die dort veröffentlicht wurden, schon mit großem Interesse gelesendas 1948 in der Schweiz erscheinen musste, weil es seinen Genossen nicht orthodox genug erschien<, hat er dann, zusammen mit dem Hegelbuch von Hyppolite, rezensiert. Sein Verhältnis zum Marxismus beschreibt er als >sowohl kritisch als auch engagiert. Die doktrinäre, stalinistische Form des Sowjetmarxismus erschien mir als eine die Realität verdeckende Rechtfertigungsideologie. Dagegen sah ich in den Schriften des frühen Marx wie in Geschichte und Klassenbewusstsein von Georg Lukács eindrucksvolle Fortbildungen und kritische Korrekturen der hegelschen Philosophie.< Von seinen Seminaren an der frankfurter Universität gingen weiterwirkende Impulse auf die Marxrezeption der bundesdeutschen Neuen Linken aus. WFH

 

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