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Wir trauern um unser Kuratoriumsmitglied Frank Benseler, der am 22. Dezember 2021 im Alter von 92 Jahren verstorben ist.
Frank Benseler hat sich seit Anfang der 1970er Jahre als Lektor des Luchterhand Verlags in besonderer Weise für das Werk von Georg Lukács eingesetzt. Seine Bedeutung als Motivator und Gesprächspartner bei der Entstehung von Lukács‘ Spätwerk kann kaum überschätzt werden.
Benseler war verantwortlich für die Reihen „Soziologische Texte“, „Politica“ und „Soziologische Essays“. Die Liste der hier publizierten linken Klassiker ist lang, darunter Jürgen Habermas (Strukturwandel der Öffentlichkeit), Lucien Goldmann, Herbert Marcuse (Der eindimensionale Mensch) und natürlich Georg Lukács. 
 
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Wir trauern um Pablo González Casanova, der am 18. April 2023 im 102. Lebensjahr in Mexiko-Stadt verstorben ist. Mit ihm haben wir einen Freund und Genossen verloren, der das HKWM-Projekt als Mitglied des InkriT-Kuratoriums und als Autor der Stichwörter Dritte Welt, Gemeinschaft, innerer Kolonialismus, Kooptation, Korruption, Würde zu seiner Sache gemacht hat. 2013 war der 91jährige Ehrengast, Vortragender und Diskutant bei der XVII. Internationalen InkriT-Tagung zum Thema >Marxismus und die Große Krise<.
 

Nora Räthzel (Auszug aus dem Tagungsbericht)

Diese wahrhaft demokratische Tagung, in der alle jeden und jede herausfordern („den Finger auf jeden Posten legen und fragen, wie kommt er dahin“), kennt auch ihre Stars. Diesmal kamen sie aus vielen Ländern, John Bellamy Foster aus den USA, Gérard Duménil aus Frankreich, Guglielmo Carchedi aus den Niederlanden und Italien, Gabriele Dietrich aus Indien und, der Star der Stars, Pablo González Casanova, Grand Old Man der Sozialwissenschaften und der sozialistischen Bewegungen Mexikos und Lateinamerikas.

Er ließ uns teilnehmen an Ereignissen seiner Lebensgeschichte: als er zu den Zapatistas eingeladen wurde und von ihnen lernte, wie friedlicher Widerstand demokratisch über lange Zeit organisiert werden kann, wie die Frauen in zentralen militärischen Positionen unter der Trennung von ihren Familien leiden ebenso wie die Männer, wie sie Städte, die sie schon einmal militärisch erobert hatten, nun zu tausenden aufs neue, friedlich eroberten, zu zeigen, dass sie nach wie vor da sind und ihre Gemeinden leiten, Schulen, Krankenversorgung und soziale Sicherheit garantierend; wie seine Frau, einst einen jungen Mann namens Ernesto Guevara zum Abendessen einlud und er ihr danach sagte, wenn Du wieder mal einen Argentinier einladen willst, dann bitte nicht so einen verrückten; wie er dies später, in Kuba, dem Che erzählte und dieser lachend antwortete, dieses Urteil hätte er damals schon bemerkt. Was Pablo zum für mich eindrucksvollsten „Star“ dieser Tagung machte, war die völlige Abwesenheit von Starverhalten. Da kam ein weit geachteter und viel dekorierter Wissenschaftler, und wir erlebten einen Mann, der sich für alle interessierte, überall nachfragte, bis nachts um eins an der Verbesserung seines Textes saß und dessen Humor und Wärme vergessen ließen, wie berühmt und auch wie alt er ist.

 
 
Am 9. Oktober starb unser Kuratoriumsmitglied Jost Hermand im Alter von 91 Jahren in Madison, Wisconsin. Über alle Epochen von der Aufklärung bis zur Gegenwart hat er geforscht und mit enzyklopädischem Wissen geschrieben, über Jugendstil, Vormärz, Kaiserreich und Jahrhundertwende, über Expressionismus, Weimarer Republik, über die Epoche des Nazifaschismus, über innere Emigration und Exil, über Judentum und Deutschland, über die Literatur der Bundesrepublik und der DDR. Viele seiner Werke gehören zum Grundlegenden, das über diese Epochen veröffentlicht worden ist. Dazu Bücher über Kunstgeschichte und Künstler und über Musiktheorie und Musiker. Er war ein Nachfahre großer Aufklärer, über die er zahlreiche Monographien verfasst hat. In seinem Pantheon waren Heinrich Heine (6 Bücher), Bertolt Brecht (4 Bücher), Arnold Zweig (2 Bücher), Heiner Müller und Peter Weiss. Er war Mitbegründer der International Brecht Society und des Brecht-Jahrbuchs, schuf damit der vor 1968 kaum existierenden internationalen Brechtforschung eine wissenschaftliche Infrastruktur.

Jost Hermand

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